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Statuen und Topographie in Portugal

Auch Demokratien verewigen ihre Helden in Statuen und Monumenten. Diese Aussage trifft zunehmend für Portugal zu. Das diktatorische Erbe ist durch seine Widersacher und die Symbole der Nelkenrevolution ersetzt worden. Kontrovers bleibt die Glorifizierung des kolonialen Erbes.

Die Helden des demokratischen Portugals sind heute vor allem jene, die gegen die Diktatur des „Neuen Staats“ opponierten. Die herausragendste Gestalt des militärischen Widerstands war sicherlich der im Volksmund bekannte „General ohne Furcht“ (general sem medo), Humberto Delgado. In den Präsidentschaftswahlen von 1958 sorgte er für eine ernsthafte Krise des Regimes. Seine Kandidatur konnte nur durch Wahlmanipulation gestoppt werden. In Delgados Geburtshaus im kleinen Dorf Boquilobo wurde ihm zu Ehren eine Museumsausstellung eingerichtet und daneben eine Statue errichtet. Die Hauptstraße, die durch das Dorf führt, sowie der Flughafen von Lissabon tragen heute seinen Namen. Im Nachgang des bereits angesprochenen Präsidentschaftswahlkampf 1958 richtete der damalige Bischof von Porto, António Ferreira Gomes, eine Kritik an Salazar – er bezahlte seinen Widerstand mit dem Exil. In Porto wurde auch ihm vor dem imposanten Turm der Kleriker eine Statue von Arlindo Rocha im Jahr 1979 errichtet. Ein prominentes Monument der Würdigung oppositioneller Schriftsteller wie José Saramago und Sophia de Mello Breyner Andresen wurde 2001 in Coimbra – unweit vom ehemaligen PIDE-Hauptquartier – eingeweiht.

Kein historisches Ereignis hat die Topographie der portugiesischen Städte in den letzten Jahrzehnten so nachhaltig geprägt wie die Nelkenrevolution vom 25. April 1974. Die erinnerungskulturellen Bezüge fallen dabei vielseitig aus: Zum einen die schon seit der Revolution bekannten Graffiti, die mit ihrer typisch sozialistisch-revolutionären Ikonographie langstreckig Betonmauern in Lissabon verzieren. Zu den beliebten Motiven zählen die rote Nelke, die Zahl 25 oder Hauptmann Salgueiro Maia, der Pars pro Toto für die Bewegung der Streitkräfte steht. Zum anderen gibt es zahlreiche Statuen und Monumente mit vergleichbarer Ikonographie zum Gedenken an den 25. April, die zumeist an den Jahrestagen der Revolution eingeweiht wurden. Abschließend ist auf die erhebliche Wirkung zu verweisen, die der 25. April auf die Toponymie der Großstädte gezeitigt hat. Nicht nur Straßennamen weisen klare Bezüge auf die Aprilereignisse auf, sondern auch große Bauten wie die Hängebrücke über den Tejo in Lissabon, die von ihrem ursprünglichen Namen Salazar-Brücke zu Brücke des 25. April umbenannt wurde.

Im Zuge des revolutionären Umbruchs in Portugal ging man rasch daran, die Überreste der vormaligen Diktatur aus der Topographie des Landes zu entfernen. In erster Linie betraf dies die Statuen und Monumente des Diktators Salazar selbst. Besondere Beachtung verdient die 1965 von Leopoldo de Almeida gegossene Statue in Salazars Heimatgemeinde Santa Comba Dão. Umgehend nach der Revolution wurde sie beschmiert, zeitweise mit schwarzen Decken eingehüllt, bis sie im November 1975 schließlich geköpft wurde. Beim Versuch den Kopf wieder aufzusetzen, kam es zu massiven Unruhen, die sogar ein Todesopfer einforderten. Im Februar 1978 wurde die Statue gesprengt. Ersetzt wurden die Überreste 2010 durch ein Monument für die „Kämpfer in Übersee“ im Portugiesischen Kolonialkrieg – und damit erneut durch eine hochsensible Erinnerung, die zunehmend in die Kritik gerät.

Statuen und Topographie in Spanien

Auch im demokratischen Spanien nach 1975 standen die Statuen des Diktators Francisco Franco und seiner Militärgeneräle fest auf ihren Sockeln. Erst nach der Jahrtausendwende begann in Spanien die Zeit der Denkmalstürze.

Die Wende zog sich ganze 11 Stunden hin. Obwohl als Nacht- und Nebel-Aktion geplant, brauchten die vermummten linken Aktivisten bis in die Mittagsstunden jenes 10. September 1983, um das Reiterstandbild des Diktators Francisco Franco auf dem zentralen Rathausplatz von Valencia mithilfe eines Krans von seinem Sockel zu heben. Die von Protesten glühender Franco-Anhänger begleitete Entfernung auf Geheiß der Stadtverwaltung markierte einen Wendepunkt. Denn lange prägte die Vergangenheit der Franco-Diktatur auch im demokratischen Spanien noch das Straßenbild. Reiterstandbilder des Diktators, die vor allem in den 1960er Jahren errichtet worden waren, zierten zentrale Plätze in Madrid, Valencia, Santander, Barcelona und Saragossa. Gleichzeitig standen Monumente der nationalistischen Generäle und Militärs, die den Putsch geplant hatten, in ihren jeweiligen Heimatstädten und blieben dort noch lange nach dem demokratischen Übergang erhalten.

Entgegen dieser Kontinuitäten arbeitete die sozialistische PSOE-Regierung von Ministerpräsident Felipe González (19821996) bereits Mitte der 1980er Jahre am Aufbau einer dezidierten Gegenerinnerung in Form von Statuen. So entstanden im Großraum Madrid vier Monumente, die politische Verantwortungsträger der Zweiten Republik darstellten: die sozialdemokratischen Minister Indalecio Prieto und Francisco Largo Caballero, Parlamentspräsident Julián Besteiro sowie Staatspräsident Manuel Azaña von der republikanischen Linken. Für die brutalistische Trümmer-Optik der Statuen zeichneten die renommierten spanischen Bildhauer Pablo Serrano Aguilar und José Noja Ortega verantwortlich, die lange Zeit der Franco-Diktatur im amerikanischen Exil verbracht hatten und nach dem Tod des Diktators in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Außerdem wurde in Barcelona 1985 der letzte Präsident der katalanischen Regionalregierung Lluis Companys, der 1940 von den Franco-Nationalisten exekutiert worden war, mit einem Mausoleum geehrt. 

Eine große Denkmalsturz-Welle setzte dann um die Jahrtausendwende ein, vor allem in Folge des Gesetzes zur historischen Erinnerung von 2007. So wurden die Franco-Reiterstandbilder in Madrid, Saragossa, Barcelona und Santander zwischen 2005 und 2008 demontiert. Sehr viel länger hielten sich die Franco-Monumente in der spanischen Peripherie. Eine Statue in der spanischen Exklave Melilla in Marokko, die den Afrikakämpfer Franco in Kolonialuniform darstellt, wurde erst Anfang 2021 endgültig entfernt. Bis heute steht die Franco-Statue von Santa Cruz, der Hauptstadt der Insel Teneriffa. Diese zeigt den langjährigen Diktator mit geschönten Gesichtszügen, Schwert und Umhang auf einem Siegesengel thronend. 2010 wurde die Statue vom konservativ dominierten Stadtrat in „Monument für den gefallenen Engel“ umbenannt, um sie so vor einer drohenden Demontage zu schützen.