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Das Projekt

Aufarbeitung in transnationaler Perspektive

Langwierig und dennoch fast vergessen: Die Diktatur Francisco Francos in Spanien (19361975) und des Estado Novo Salazars in Portugal (19331974) prägten das 20. Jahrhundert auf der Iberischen Halbinsel. Eine Auseinandersetzung mit den autoritären Regimen fand erst verzögert und auf Umwegen statt.

Seit März 2021 befasst sich ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Würzburg mit der Aufarbeitung der iberischen Diktaturen. Wurden die alten Eliten der Diktatur nach der Nelkenrevolution (1974) und dem Tod Francos (1975) entmachtet oder blieben sie im neuen demokratischen System in ihren Funktionen? Fanden Lustrationen in Polizei, Militär und Geheimdiensten statt? Wie wurde die diktatorische Vergangenheit im Schulunterricht behandelt? Wie wurde in Literatur und Film mit dem Thema umgegangen? Verschwanden Symboliken und bildliche Darstellungen des alten Regimes aus dem öffentlichen Raum? Wurden Gedenkstätten und Museen eingerichtet, die sich mit den Diktaturen auseinandersetzten und den Opfern Anerkennung zuteilwerden ließen? Welche historiografischen Debatten entzündeten sich um die problematische Vergangenheit und wie wurde der Wertewandel in juristische und institutionelle Formen gegossen? Diese und weitere Fragen soll das Forschungsprojekt beantworten.

Dabei soll das Vorhaben über den „nationalen Tellerrand“ hinausblicken und untersuchen, inwieweit transnationale Einflüsse die Aufarbeitung in den beiden Ländern geprägt haben. Der Zusammenbruch der iberischen Diktaturen 1974/75 war anders als beim deutschen Nationalsozialismus zunächst einmal das Ergebnis autarker innerer Entwicklungen. Auch gab es keine externen Faktoren wie die alliierte Entnazifizierung, die die Art und Weise, wie mit der Vergangenheit umzugehen sei, vorgegeben hätten. Dennoch existieren demokratische Übergänge niemals im luftleeren Raum. So soll einerseits untersucht werden, wie die Bundesrepublik über Kanzleramt und Auswärtiges Amt Einfluss auf die „Demokratien im Werden“ in Portugal und Spanien nahm. Ebenso soll die Rolle der deutschen Volksparteien SPD und CDU/CSU beim Aufbau eines demokratischen Parteiensystems analysiert werden. Andererseits soll dargelegt werden, welche Austauschprozesse mit den postdiktatorischen Staaten Lateinamerikas – im speziellen Argentinien, Brasilien und Chile – stattfanden, mit denen Portugal und Spanien Sprache und Geschichte teilen.

Geleitet wird das Projekt am Lehrstuhl für Neueste Geschichte von Professor Dr. Peter Hoeres. Mit der Durchführung des Projektes sind die wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Lasse B. Lassen und Holger Kohler betraut. Dr. Lasse B. Lassen wurde an der Universität Bielefeld mit der Doktorarbeit „The Castro Doctrine: Cuban Diplomacy in Global Solidarity Organizations 19591967“ zu den außenpolitischen Netzwerken Kubas im ersten Jahrzehnt nach der Revolution promoviert. Die Promotion wurde mit einem Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes gefördert. Zuvor hat er einen Bachelor of Arts an der Universität Bielefeld in British and American Studies und Geschichtswissenschaften sowie einen Master of Science an der University of Edinburgh in Film and Media Studies abgeschlossen. Innerhalb des BMBF-Projektes beschäftigt er sich mit der Aufarbeitung der Franco-Diktatur im demokratischen Spanien seit 1975 sowie transnationalen Vernetzungen Spaniens mit Deutschland, Argentinien und Chile. Holger Kohler absolvierte ein Studium für das Gymnasiallehramt in den Fächern Englisch, Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität Würzburg. Sein Studium schloss er mit einer Arbeit über den exilierten portugiesischen König Dom Miguel I., „Zwischen Gunst und Hass: Die Untersuchung eines kontroversen Herrscherporträts“, ab. Ferner wirkte er am Drittmittelprojekt der Universität Bonn „Merck 16682018 – Von der Apotheke zum Weltkonzern“ mit.  Im Rahmen des BMBF-Projektes verfasst er seine Dissertation zur Aufarbeitung des Estado Novo im postdiktatorischen Portugal seit 1974 unter Berücksichtigung transnationaler Vernetzungen mit Deutschland, Brasilien und dem lusophonen Raum.

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